Gemeinsames Rahmenkonzept zur Hospizarbeit und Palliativversorgung in der Region Augsburg.
Augsburg. Bei einem Festakt mit Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml im Augsburger Rathaus ging es um Gegenwart und Zukunft des Sterbens in der Region, genauer gesagt: Um ein lebenswertes „Leben bis zuletzt“. Damit dies gelingen kann, wurde in den letzten beiden Jahren das „Gemeinsame Rahmenkonzept für Hospizarbeit und Palliativversorgung in der Region Augsburg“ verfasst und nun offiziell präsentiert. „Für mich gehört zu einer humanen Gesellschaft, schwerstkranken und sterbenden Menschen durch ganzheitliche Begleitung ein selbstbestimmtes, möglichst schmerz- und symptomfreies Leben bis zuletzt zu ermöglichen. Es ist vorbildlich, wie hier in der Region Augsburg alle maßgeblichen Akteure zusammenarbeiten, um schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen zur Seite zu stehen. Das Rahmenkonzept stellt in Bayern eine Besonderheit dar. Ich hoffe, dass sich viele bayerische Regionen das Augsburger Hospiz- und Palliativnetzwerk zum Vorbild nehmen und entsprechende Rahmenkonzepte entwickeln und umsetzen“, betonte Ministerin Huml. Beim Festakt bestärkten auch Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl und Landrat Martin Sailer die Tragweite des Themas. Sie unterzeichneten die bundesweite „Charta zur Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen“.
Das Gemeinsame Rahmenkonzept für Hospizarbeit und Palliativversorgung in der Region Augsburg ist ein Meilenstein: Über zwei Jahre hinweg haben fast 100 Beteiligte aus 20 verschiedenen Bereichen der Hospiz- und Palliativversorgung daran gearbeitet. Auslöser war die Erkenntnis, dass trotz vieler Verbesserungen in den letzten Jahren bei weitem nicht alle Patienten in der letzten Lebensphase eine bestmögliche Versorgung bekommen, „bestmöglich“ nach ihren und den Wünschen ihrer Angehörigen, unabhängig davon, ob sie in einem Einödhof oder in der Stadtmitte, in einem Heim, einer Klinik oder zuhause sterben.
„Leben bis zuletzt“ ist das Ziel aller hospizlich und palliativ Tätigen. Es geht zurück auf ein Zitat von Cicely Saunders, der britischen Begründerin der Hospizbewegung: „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben.“ Dies wird nur gelingen, wenn alle zusammenarbeiten. Gefragt sind nicht nur Hospizhelfer, Pflegekräfte und Ärzte, sondern der Umgang mit der letzten Lebensphase ist eine regionalgesellschaftliche Aufgabe. Die offizielle Unterzeichnung der „Charta zur Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen“ durch OB und Landrat ist hier ebenfalls ein Meilenstein für die Region: „Jenseits aller Konkurrenz setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass es für die zentralen menschlichen Herausforderungen Krankheit und Sterben ausreichende, erreichbare und würdige Angebote gibt“, erklären OB und Landrat.
Wenn Körper und Seele schwächer werden
Die besondere Herausforderung am Lebensende ist, dass Körper und Seele schwächer, die Symptome schwerer und die psychischen Belastungen größer werden. Es geht um Schmerzen, Ängste und letzte Wünsche, aber auch um Kosten, Zeitnot, Sozialrecht und Kompetenzen. Es agieren Professionelle, Ehrenamtliche, Angehörige, Betreuer, Versicherungen, ...
Mit diesen komplexen Versorgungsgegebenheiten setzt sich das nun veröffentlichte Rahmenkonzept detailliert auseinander. Auf über 300 Seiten liefert es die rechtlichen und definitorischen Grundlagen. Es ist aber keine wissenschaftlich-theoretische Arbeit, sondern die 95 Mitarbeitenden haben in 18 Arbeitskreisen mit 32 Sitzungen den regionalen Status quo erhoben: in Hospizdiensten, Pflegediensten, Arztpraxen und Apotheken, in den Heimen und Kliniken, im Hospiz, in der spezialisierten Palliativversorgung und der Behindertenhilfe, in der Seelsorge, Begleitung und Beratung, im Rettungsdienst sowie in Forschung, Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit. Sie beschreiben im Rahmenkonzept die Entwicklungen der letzten Jahre, die finanzielle und personelle Situation, Schnittstellen, Defizite und Grenzen. Daraus abgeleitet formulieren sie, wie die Zukunft aussehen soll, mit Zielen, Bedarfen und konkreten Maßnahmen.
Erste Projekte laufen
Das Rahmenkonzept wurde mit allen Beteiligten abgestimmt. „Es ist uns dabei gelungen, kein glattes, geradegezogenes Konzept aufzulegen, sondern die Vielfalt, unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Interessen und Vorstellungen darzustellen“, erklärt Dr. Eckhard Eichner, Vorsitzender der Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung (AHPV) und damit Projektverantwortlicher. Die AHPV ist ein Netzwerk aus über 50 Einrichtungen und Organisationen in Stadt und Land Augsburg, die in der Hospiz- und Palliativversorgung tätig sind, und sie hat das Rahmenkonzept initiiert. Es dient als Entscheidungsgrundlage für die weitere Entwicklung. Bereits die Erarbeitung hat erste Projekte in Gang gesetzt, zum Beispiel den Augsburger Notfallplan, einen Apotheken-Ärzte-Arbeitskreis, regelmäßige Treffen der Palliativseelsorger und neue Fortbildungen.
Ergänzender Terminhinweis
Mittwoch, 13. Juli, 17 – 20 Uhr, Augustanasaal, Im Annahof 4, 86150 Augsburg:
20. Augsburger Hospiz und Palliativgespräch: Fachliche Details zum Rahmenkonzept und konkrete weitere Schritte.
Infos unter www.ahpv.de
Bibliographische Daten
Gemeinsames Rahmenkonzept für Hospizarbeit und Palliativversorgung in der Region Augsburg. Ein Beitrag zur Weiterentwicklung und Vernetzung von Hospizarbeit und Palliativversorgung. Grundlagen | Arbeits- und Handlungsfelder | Entwicklungen | Ziele | Maßnahmen. Herausgeber Eckhard Eichner, Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e.V. Unter Mitarbeit von 95 praktisch Tätigen in der Hospiz- und Palliativversorgung. Augsburg, 2016. 318 Seiten, 24 Abb., 12 Tab. ISBN 978-3-942413-04-6 Schutzgebühr 20,00 €
Kostenloser Download im Internet
Zur Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung (AHPV) e.V.
Die Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e.V. wurde 2009 gegründet und ist ein Zusammenschluss von Einrichtungen und Organisationen in Stadt und Landkreis Augsburg, die gemeinsam Hospice Palliative Care voranbringen wollen. Mit über 50 Mitgliedern ist das Netzwerk eines der großen seiner Art in Deutschland.
Das Anliegen ist, schwerstkranken Menschen, Sterbenden und ihren Angehörigen zu helfen. Die AHPV ist eine Plattform für Zusammenarbeit, Fortbildung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit. In der direkten Patientenversorgung gibt es nur ein Angebot: die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV). Sie wird über die Augsburger Palliativversorgung gemeinnützige GmbH realisiert, eine 100-prozentige Tochter der AHPV.
Über die Augsburger Hospiz- und Palliativstiftung
Die Augsburger Hospiz und Palliativstiftung wurde im Jahr 2013 gegründet, um die Entwicklung der Hospizarbeit und Palliativversorgung in Stadt und Landkreis nachhaltig zu unterstützen, und hat in diesem Rahmen die Erarbeitung des Rahmenkonzepts gefördert. Sie ist eine gemeinsame Stiftung von Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e.V., Augsburger Palliativversorgung gemeinnützige GmbH, Bistum Augsburg, Hospiz-Gruppe „Albatros“ e.V. und St. Vinzenz Hospiz Augsburg e.V mit Sitz in Augsburg. Sie ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 80 und 81 BGB und vom Finanzamt als mildtätig anerkannt.
Inhaltsüberblick (Auswahl) Gemeinsames Rahmenkonzept für Hospizarbeit und Palliativversorgung in der Region Augsburg
Alle Mitwirkenden Seite 19
II. Vorwort des Herausgebers Seite 29
IV. Globalziele des Rahmenkonzepts Seite 35
1. Regionale Grundlagen und Vorgeschichte Seite 39
Entwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung in der Region. Beschluss zum Rahmenkonzept. Überlegungen zum Beschluss. Vorgaben der AHPV für das Rahmenkonzept
2. Allgemeine Grundlagen Seite 55
Strukturen. Definitionen und gesetzliche Grundlagen. Regional gültige Konzepte und Grundlagen. Wissenschaftliche Grundlagen. Ethik und Spiritualität. Finanzierung
3. Ist-Situation und Bedarf in der Region Seite 115
Entwicklungsstand. Koordination und Vernetzung. Bedarfsanalyse. Prognose
4. Arbeitsfelder in Hospizarbeit und Palliativversorgung Seite 161
4.2 Hospizarbeit und Palliativversorgung in ambulanten Kontexten Seite 167
4.2.1 Hospizdienste Seite 167
4.2.2 Palliativpflege Seite 173
4.2.3 Ärzte Seite 178
4.2.4 Apotheken Seite 183
4.2.5 Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung Seite 189
4.3 Hospizarbeit und Palliativversorgung in stationärem Kontext Seite 196
4.3.1 Stationäre Hospize Seite 196
4.3.2 Palliativstation und palliativmedizinischer Dienst im Krankenhaus Seite 200
4.3.3 Alten- und Pflegeheime Seite 203
4.4 Sektorenübergreifende Arbeitsfelder 208
4.4.1 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene Seite 208
4.4.2 Behinderte Menschen Seite 220
4.4.3 Seelsorge Seite 228
4.4.4 Ambulante Soziale Arbeit Seite 233
4.4.5 Stationäre Soziale Arbeit/Überleitung Seite 240
4.4.6 Rettungsdienste Seite 248
4.5 Querschnitt-Handlungsfelder Seite 254
Aus-, Fort- und Weiterbildung. Forschung und Lehre. Öffentlichkeitsarbeit.
4.6 Handlungsfeld Vernetzung von Hospizarbeit und Palliativversorgung Seite 272
Augsburger Notfallplan. Integrierter Versorgungsvertrag. Servicestelle
5. Anlagen Seite 297
Literaturverzeichnis. AHPV Mitglieder und Delegiertenversammlung. Schnittstellenliste